Missionsauftrag – nur Menschen oder gesamte Schöpfung

Dann sagte er zu ihnen: Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung!

(Markus 16:15)

Angeregt durch ein Buch befasse ich mich mit dieser Bibelstelle – ich möchte verstehen, ob der Missionsauftrag ausschließlich für Menschen gedacht ist (und damit bspw. um Wortverkündung), oder ob die gesamte Schöpfung gemeint ist (und damit zusätzlich auch noch ein entsprechendes Verhalten verkündet wird).

Textliche Einordnung

Man geht davon aus, dass Markus 16,9-20 ungefähr seit dem 2. Jahrhundert in den Bibeltext aufgenommen wurde. Es handelt sich um einen Vers aus dem sog. „längeren Markusschluss“.

Der Text selbst enthält inhaltlich den Missionsauftrag an die Jünger.

In Markus 16,16 geht es weiter mit „Wer glaubt und getauft wird, der wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.„.

Verschiedene Übersetzungen

Und er sprach zu ihnen: Geht hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung!“ (Elb)

Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur.“ (Lu 2017)

Dann sagte er zu ihnen: »Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet allen Menschen die rettende Botschaft.“ (HfA)

Kommentare

Alle von mir zu Rate gezogenen Kommentare schränken auf Menschen ein. Aber hier soll es ja auch darum gehen, sich eigene Gedanken zu machen. In sofern lassen wir uns davon jetzt mal nicht abhalten 🙂

Urtext

Im griechischen Urtext steht für das zu übersetzende Wort „κτίσις (ktisis)“. Das Wort wird verschiedenartig übersetzt – „Schöpfung“, „Geschöpf“, „Erschaffung“, aber auch als „(menschliche) Ordnung“ (bspw. in 1. Petr 2,13).

Dazu führt DBL Greek genauer aus:

„3232 κτίσις (ktisis), εως (eōs), ἡ (hē): n.fem.; ≡ Str 2937; TDNT 3.1000—1. LN 42.35 creation, exclusively God’s work (Mk 13:19; Mk 16:15 v.r.); 2. LN 42.38 creature, that which has been created (Ro 1:25); 3. LN 1.4 universe, the totality of what was created (Ro 8:20); 4. LN 42.39 institution, human social structure (1Pe 2:13), for another interp, see next; 5. LN 37.43 authority, a governmental institution (1Pe 2:13), for another interp, see prior“

Swanson, J. (1997). Dictionary of Biblical Languages with Semantic Domains: Greek (New Testament) (electronic ed.). Oak Harbor: Logos Research Systems, Inc.

Lt. dem semantischen Wörterbuch zur Bibel steht „ktisei“ ggf. sogar für „Universum“ (was die Schöpfung ist…?).

Übrigens: In Genesis wird das Schaffen Gottes immer als „bā·rā“/“בָּרָא“ bezeichnet, ein Wort, dass überhaupt nur für das göttliche Schaffen genutzt wird. Das hilft uns hier nicht weiter, da der Missionsauftrag eindeutig an die 11 Jünger geht.

Andere Evangelien

In Lukas wird von „Völker“ (Lk 24,47) gesprochen. In Matthäus (Mt 28,19) ebenfalls.

Im Urtext steht dort jeweils „ethne“ (von ethnos) , was sich eindeutig auf eine Gruppe von Menschen bezieht („ἔθνος (ethnos), ους (ous), τό (to): n.neu.; ≡ DBLHebr 1580, 6639; Str 1484; TDNT 2.364—1. LN 11.55 nation, a people, a large group based on various cultural, physical or geographic ties,„, DBL Greek).

Insbesondere sogar auf „nichtjüdische“ Völker aufgrund des Artikels („τὰ ἔ. heidnische/nichtjüdische Völker, Kassühlke).

Andere Bibelstellen

In Römer 8,22 bspw. steht im Urtext ebenfalls „ktisis“ – und das wird einheitlich mit „Schöpfung“ übersetzt, hier Lut84:

Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet.“ (Lut84, Römer 8,22)

Häufigkeit der Übersetzung

„Ktisis“ wird in folgender Häufigkeit jeweils übersetzt (hier: Schlachter 2000, die den Markusvers mit Schöpfung übersetzt):

Schöpfung (ktisis) = 19 mal
Erschaffen (ktizo) = 14 mal
Geschöpf (ktisma) = 4 mal
Schöpfer (ktistes) = 1 mal

Fazit

Ich denke, es ist berechtigt, Markus hier mit Schöpfung zu übersetzen und damit auch zu verstehen.

Insbesondere, da im Urtext von ktisis (und nicht bspw. von ktisma) gesprochen wird, bspw. Römer die gesamte Schöpfung mit einbezieht und die anderen Synoptiker von Völkern sprechen (im Urtext „ethne“).

Die abweichende Verwendung von ktisis vs. ethno könnte auch darüber erklärbar sein, dass der Text leicht jüngeren Datums ist und eine leichte Verallgemeinerung des Missionsauftrags festgehalten wurde.

Der textliche Kontext lässt natürlich den Schluss zu, dass sich auch Markus 16,15 auf Wesen bezieht, die getauft werden können (was dann wohl Menschen wären…).

Was meint ihr? Ist das für euch eine logische und korrekte Auslegung/Analyse, oder würdet ihr anders vorgehen bzw. habt ihr dazu andere Gedanken?

Vergebung gegenseitig

„Vertrage dich mit deinem Gegner sogleich, solange du noch mit ihm auf dem Weg bist, damit dich der Gegner nicht dem Richter überantworte und der Richter dem Gerichtsdiener und du ins Gefängnis geworfen werdest. Wahrlich, ich sage dir: Du wirst nicht von dort herauskommen, bis du auch den letzten Pfennig bezahlt hast.“

(Mt 5:25-26)

Das Bildwort in den Versen 25-26 setzt voraus, dass jeder jedem unendlich viel schuldig geblieben ist und zu vergeben hat. Wer den anderen nicht um Vergebung bittet und seinerseits nicht Vergebung gewährt, wird im Endgericht die volle Last seiner Schuld zu übernehmen haben.“
(Exegese aus der Stuttgarter Erklärungsbibel)

Davor aus gleicher Exegese… „Die Frage nach der Schuld spielt gar keine Rolle; es genügt, dass der andere _etwas gegen dich hat_.

Die Auslegung finde ich sehr gefällig, geht es doch im Kern nicht darum, dass man immer der „Trottel“ sein soll, der sich um andere bemüht und es immer und immer wieder „dicke“ kriegt – wir _alle_ haben Vergebung zu erbitten und Vergebung zu gewähren. In meinen Augen ergibt das „Augenhöhe“.

Hintergrund, wieso ich das poste, ist, dass es immer wieder vorkommt, dass man Dinge wie „wenn jemand dir auf die linke Wange schlägt, halte ihm auch die rechte hin“ so verstehen könnte, dass man immer nur einstecken soll… für mich hat das nie Sinn ergeben, immer der/die zu sein, die zurücksteht… und genau diese Exegese hier hilft mir dabei, dieses einseitige Verständnis aufzuhebeln und vielleicht besser zu verstehen, was Jesus da wirklich sagen wollte – im Gesamtkontext betrachtet, nicht nur auf einzelne Sätze.

Vielleicht geht es euch ja auch so – oder seht ihr das ganz anders? Dann würde mich natürlich eure Sichtweise sehr interessieren.

„Hebe einen Stein auf und Du wirst mich finden“

Das Reich Gottes ist inwendig in Euch und überall um Dich herum; Nicht in Gebäuden aus Holz und Stein. Spalte ein Stück Holz und ich bin da, Hebe einen Stein auf und Du wirst mich finden.

Das ist angeblich ein Zitat aus dem Thomas-Evangelium, einer gnostischen Schrift.

In meinem Gedächtnis blieb das auch immer als authentisch hängen – und wird auch so immer wieder zitiert, auf diversen Internetseiten.

Aber – das ist nicht korrekt. Das ist ein Filmzitat aus dem Film „Stigmata„…

Herkunft

Die Autoren von Stigmata haben aber weder sinngemäß noch sachlich tatsächlich etwas falsches behauptet – die Einzelteile finden sich auch in der beabsichtigen Aussage im ThomasEv, bis auf eine „Kleinigkeit“:

(Logion 3) […]Aber das Königreich ist in eurem Inneren, und es ist außerhalb von euch.[…]

(Logion 30/Logion 77) […] Spaltet das Holz, ich bin da. Hebt einen Stein auf, und ihr werdet mich dort finden.

Im ThomasEv gibt es aber diesen Satz „Nicht in Gebäuden aus Holz und Steinnicht

Deutungsvarianten

Die übliche Deutung von Logion 3 ist, dass Jesus überall ist und man ihn in allem und jedem finden kann (in der gesamten Schöpfung) – „Allexistenz“.

Das ist keine völlig unproblematische Deutung, da im ThomasEv insbesondere gegenüber Tieren an anderer Stelle eine Abgrenzung (gegenüber den Menschen) stattfindet.

Eine alternative Deutung lässt sich bspw. mit Hilfe von Prediger/Kohelet 10:9 herleiten: Dort wird auch auf Holz und Stein angespielt, aber in einer anderen Bedeutung – dort geht es um körperlich anstrengende Tätigkeiten.

Insofern wäre es wohl auch eine valide Deutung, dass Jesus hier von seinem Handwerk spricht und sagen möchte, dass man ihm im Alltag der Welt begegnet, (bspw. während der Arbeit), und nicht vor allem durch „religiöse Übungen oder spirituelle Anstrengungen“ (Das Thomasevangelium, Uwe-Karsten Plisch).

Es also hier eher darum geht, dass Gott(-erkenntnis) „handfest“ ist und sich nicht nur in intellektuellen Sphären aufhält.

Kirchenaustritte massiv gestiegen

Die Zahl der Kirchenaustritte der beiden großen deutschen christlichen Kirchen lag 2019 bei mehr als einer halben Millionen – so viel wie noch nie.

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