Opfer…?

Deiner Opfer wegen will ich dich nicht tadeln,
sind doch deine Brandopfer stets vor mir.
Ich will keinen Stier aus deinem Haus nehmen,
keine Böcke aus deinen Hürden;
denn mir gehören alle Tiere des Waldes,
das Vieh auf tausend Bergen.
Ich kenne alle Vögel auf den Bergen,
und was sich auf dem Feld regt, ist mir bekannt.
Wenn ich hungrig wäre, so würde ich es dir nicht sagen;
denn mir gehört der Erdkreis und was ihn erfüllt.
Sollte ich etwa Stierfleisch essen
oder Blut von Böcken trinken?
Opfere Gott Dank
und erfülle dem Höchsten deine Gelübde;
und rufe mich an am Tag der Not,
so will ich dich erretten, und du sollst mich ehren!

(Psalter 50,8–15, Schlachter 2000)

Mein Versuch der Auslegung…

Gott nimmt die Opfer zwar an, immerhin hat er sie ja befohlen, aber er sagt noch mal deutlich, dass die Menschen ihn offenbar nicht ganz richtig verstanden haben.

Es geht ihm nicht darum, dass er etwas braucht, gar Hunger oder Durst hat. Er will Dankbarkeit – das war immer Zweck der Opfer. Nicht etwa Gott zu ernähren oder Gott gütig zu stimmen oder Ähnliches. Es ging einzig und allein darum, dass die Menschen ihre Dankbarkeit zeigen. In der Nachbarschaft der Israeliten herrschten noch Götterbild vor, bei denen das üblich gewesen ist: Die Menschen mussten sich das Wohlwollen der Götter/des Gottes „erkaufen“. Das ist aber nicht der Gott, der hier spricht.

Hier sagt Gott auch klar: Die Opfer sind schön und gut, aber Dankbarkeit ist das, was ich wirklich möchte – und das reicht mir auch (“Opfere Gott Dank und erfülle dem Höchsten seine Gelübde; und rufe mich an am Tag der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich ehren!”).

Gott ist ein gebender Gott – er möchte von Menschen in ihr Leben gelassen werden, damit er ihnen helfen kann. Er erwartet dafür einzig und alleine zwei Dinge: Dankbarkeit und Ehrung (damit ist “befolgen seiner Wünsche” gemeint).

Mit „Gelübde“ ist übrigens Exodus 24:7 gemeint: “Und er nahm das Buch des Bundes und las es vor den Ohren des Volks. Und sie sprachen: Alles, was der HERR gesagt hat, wollen wir tun und darauf hören.”.

Vollkommenheit im biblischen Sinne

Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist!” (Matthäus 5,48, Schlachter 2000)

Jesus fordert uns mit diesem Satz bestimmt nicht auf, so vollkommen und fehlerlos wie Gott zu werden. Also muss etwas Anderes gemeint sein.

Es geht hier um Vollständigkeit im Sinn von »tamim« (eher „einwandfrei“). So wie Gottes Herz vollständig von Liebe erfüllt ist bis hin zur Feindesliebe, so sollen auch wir unser Herz vollständig (ungeteilt, rückhaltlos) der Liebe und dem Willen Gottes öffnen bis hin zur Feindesliebe.

»Vollkommen« meint hier also das Gleiche wie »von ganzem Herzen«.

In diesem Sinn sagt Jesus auch zu dem reichen Mann: »Wenn du vollkommen sein willst, dann gehe hin und verkaufe deinen Besitz und gib ihn den Armen« (Mt 19,21). Auch Paulus bezeichnet die Christen, die sich vom Heiligen Geist leiten lassen, als »Vollkommene« (vgl. 1. Kor 2,6; 1. Thess 4,1-10; vgl. 2. Tim 3,17). Diese Beispiele zeigen, wie vorsichtig man damit sein muss, die eigenen Vorstellungen von Vollkommenheit und den heutigen deutschen Sprachgebrauch in biblische Sätze hineinzulesen.

(Siegfried Zimmer. (2012). Schadet die Bibelwissenschaft dem Glauben? Vandenhoeck & Ruprecht)

„Vollkommen sein“ meint im Hebräischen, etwas mit ganzem, ungeteiltem Herzen sein bzw. tun, ganze Sache machen (vgl. Mt 19:21; s. Erklärung zu 1. Mo 17:1). Es geht nicht um die eigene Tadellosigkeit, sondern darum, »ganz« für Gott und den Nächsten aufgeschlossen zu sein.

(Einführungen und Erklärungen aus der Stuttgarter Erklärungsbibel. Neuausgabe mit Apokryphen. (2005). (Mt 5,43–48). Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft)

Geheimnis der Bekehrung

Menschen, die sich zu Gott bekehren, müssen von neuem geboren werden.

Diese Vorgang wird üblicherweise in der Taufe manifestiert. In Johannes lesen wir, dass das zwar auch dazu gehört (“aus Wasser und Geist geboren werden” – könnte man jedenfalls als Taufe interpretieren), aber wir lesen dort ebenfalls das Folgende, was die Bekehrung erweitert:

Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist jeder, der aus dem Geist geboren ist.” (Johannes 3,8)

In diesem (Mini-)Gleichnis wird deutlich, dass die eigentliche Bekehrung ein Geheimnis ist: Niemand weiß (bzw. wusste zu dieser Zeit), warum der Wind aus welcher Richtung weht und wohin er weiterzieht. Genau so unerklärlich ist der „Geist“, der sich dem Bekehrten annimmt.

Johannes bezieht sich hier auf “Gleichwie du nicht weißt, was der Weg des Windes ist, noch wie die Gebeine im Bauch der Schwangeren bereitet werden, so kennst du auch das Werk Gottes nicht, der alles wirkt.” (Kohelet/Prediger 11,5).

Die Bekehrung ist für den Menschen vielleicht ein formaler Akt – aber die wirkliche Bekehrung ist ein göttliches Geheimnis.

Was meint ihr? Kann man das so sagen?

„Harre auf den Herrn, der wird dir helfen!“

Du sollst nicht sagen: »Ich will Böses vergelten!« Harre auf den HERRN, der wird dir helfen!” (Sprüche 20,22)

Gar keiner wird zuschanden, der auf dich harrt; zuschanden werden, die ohne Ursache treulos handeln.” (Psalter 25,3)

Selbstjustiz/billige Rache (gemeint ist: Aufrechnen, also „gleichwertig“) ist nicht gewünscht – im Zweifel wird es dem Gläubigen auch nicht zum Schaden gereichen, wenn er das Urteil/die Konsequenzen Gott überlässt.

Das bedeutet nicht, dass man überhaupt nicht selbst aktiv werden darf. Aber der Gläubige darf darauf vertrauen, dass Gott sich im Zweifel kümmern wird.

Sprich: Man ist den Zwang, auf „alles“ reagieren zu müssen, los – wir können es voller Zuversicht Gott überlassen.

Also äh so verstehe ich das jedenfalls… was meint ihr? Valides Verständnis, oder habt ihr da andere oder ergänzende Impulse?

…aber die Kinder des Reiches werden in die äußerste Finsternis hinausgeworfen werden

Bei Mt 8,12 stolperte ich vorhin über diesen Teilsatz und vermisste ein wenig die Liebe, die ich üblicherweise mit Jesus verbinde.

5 Als Jesus aber nach Kapernaum kam, trat ein Hauptmann zu ihm, bat ihn 6 und sprach: Herr, mein Knecht liegt daheim gelähmt danieder und ist furchtbar geplagt! 7 Und Jesus spricht zu ihm: Ich will kommen und ihn heilen! 8 Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach kommst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund werden! 9 Denn auch ich bin ein Mensch, der unter Vorgesetzten steht, und habe Kriegsknechte unter mir; und wenn ich zu diesem sage: Geh hin!, so geht er; und zu einem anderen: Komm her!, so kommt er; und zu meinem Knecht: Tu das!, so tut er’s. 10 Als Jesus das hörte, verwunderte er sich und sprach zu denen, die nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Einen so großen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden! 11 Ich sage euch aber: Viele werden kommen vom Osten und vom Westen und werden im Reich der Himmel mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tisch sitzen, 12 aber die Kinder des Reiches werden in die äußerste Finsternis hinausgeworfen werden; dort wird Heulen und Zähneknirschen sein. 13 Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin, und dir geschehe, wie du geglaubt hast! Und sein Knecht wurde in derselben Stunde gesund.

Mt 8,5-12

Der Kontext ist, dass ein Heide (ein römischer Hauptmann) zu Jesus gekommen war, um für seinen Knecht zu bitten, der schwer krank gewesen ist.

Jesus hat angeboten, sich ihm anzuschließen und den Knecht zu besuchen. Das aber hat der Hauptmann abgelehnt – die Komplexität, weshalb er das getan hat, reduziere ich hier mal auf einen Aspekt.

Der Hauptmann hat sich überraschenderweise gegenüber Jesus so verhalten, wie man es von einem tief gläubigen Menschen erwarten würde: Ein Besuch sei nicht nötig, allein, wenn Jesus sagt, es wird alles gut, reicht das völlig aus und der Hauptmann würde das genau so glauben.

Dieses Verhalten hat Jesus schwer beeindruckt: Ein Heide, ein Nicht-Jude, ein (eigentlich…) Nicht-Gläubiger zeigt einen so großen Glauben an ihn als Messias oder Gott in Menschengestalt, das ihm (Jesus) so ein Verhalten in Israel noch nicht untergekommen ist – in Israel wird Jesus als Messias im Großen und Ganzen nicht angenommen.

Und genau dann äußert er diesen Satz – gemeint ist damit, dass die Kinder Gottes (hier: die Israelis, die schon sehr lange eine ganz besondere Beziehung zu Gott hatten), die ihn (Jesus) nicht als Messias anerkennen, diese besondere Beziehung zu Gott verlieren werden!

So im Sinne von „seht ihr – genau wie sogar der Heide es macht, ist es richtig, er erkennt mich – und ihr, als seit Jahrhunderten mit Gott eng verbundenes Volk, erkennt mich nicht…“.

Das ist schon eine sehr klare Ansage! Er hat zwar auch gepredigt, man möge seinen Feind lieben, aber genau so konnte Jesus auch Kante zeigen.

Ach ja, der Knecht wurde übrigens geheilt – allein mit der Aussage Jesus, dass er geheilt sei.

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