Die Redeweise von »Gott unserem Vater« ist als Metapher durch den Wandel gesellschaftlicher Verhältnisse in ihrer Verständlichkeit gefährdet. Es gilt darum, die für das biblische Vaterbild entscheidenden Aspekte festzuhalten: 1. das Verdanken der Existenz (vgl. Deut. 32,6; Mal. 2,10) mit der Konsequenz der Verehrung (vgl. Mal. 1,6); 2. den Aspekt der Fürsorge mit der Konsequenz des Vertrauens (vgl. Matth. 6,7f. und 31–33; 7,7–11; Luk. 11,9–13); 3. den Aspekt des Erbarmens (vgl. Ps. 103,8–13; Luk. 15,11–32), das von den Kindern nachgeahmt und weitergegeben werden will (vgl. Matth. 5,44f.; Luk. 6,36). Es fällt auf, daß diese drei Aspekte heute eher der traditionellen Rolle der Mutter zugeschrieben werden; die biblische Vater-Metapher ist also keine Überhöhung traditioneller Männerrollen, sondern stellt diese eher in Frage.
Klaus Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer, hg. von Jens Herzer und Udo Schnelle, 5. Auflage, Bd. 6, Theologischer Handkommentar zum Neuen Testament (Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2019), 32.
