Brüder, wenn auch ein Mensch von einer Übertretung übereilt würde, so helft ihr, die ihr geistlich seid, einem solchen im Geist der Sanftmut wieder zurecht; und gib dabei acht auf dich selbst, daß du nicht auch versucht wirst[prüfe dich hinsichtlich deiner eigenen Sünden und Fehler, Herder]!
Galater 6,1
Das Zurückbringen eines Bruder/einer Schwester, der/die sich „verlaufen“ hat, ist Sache der ganzen Gemeinde/Gemeinschaft – aber jeder muss sein eigenes Gewissen prüfen, damit man nicht selbst fehl geht.
Es ist ganz natürlich und sogar geistlich, Kummer und Lasten zu empfinden, wenn man einen bekennenden Nachfolger Christi in den Wegen der Welt wandeln sieht. Unser erster Impuls mag uns dazu bringen, sofort auf ihn zuzugehen und ihm deutlich zu machen, wie empört wir sind aber diese Methode ist nur selten erfolgreich. Der Eifer in unserem Herzen braucht nicht vom Heiligen Geist zu kommen, und wenn das nicht der Fall ist, können wir mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften.
Satan hat einen echten Sieg errungen, wenn er es schafft, dass wir in ungeistlicher Weise auf Sünden und Versagen der Brüder reagieren. Wir können weder Sünden mit Sünden bekämpfen noch Sünder zu Gott zurückbringen, indem wir sie in fleischlichem Zorn anschnauzen – »denn eines Mannes Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit.«
Oft haben Handlungen, die wir in religiöser Irritation begingen, weiter reichende Folgen, als wir uns vorstellen können. Mose gestattete sich, über Israel zu zürnen, und in einem unbedachten Augenblick schlug er den Felsen. Mit demselben Streich verschloss er sich lebenslang die Tür zum verheißenen Land.
Es ist keine leichte Aufgabe, heute so vor Gott zu stehen, wie wir es sollten, und trotzdem einen freundlichen Geist gegenüber denen zu bewahren, die wir zu ermahnen gesandt sind – aber unmöglich ist es nicht! Hierbei ist uns Christus – wie überall – das vollkommene Vorbild, und Er kann das Unmögliche vollbringen, wenn wir uns Ihm ergeben und Ihm gehorchen. Er wird uns dann gewiss zeigen, wie wir mit Sanftmut Widerstand leisten und mit Barmherzigkeit ermahnen können, und die Kraft des Heiligen Geistes wird uns befähigen, Seinem gesegneten Beispiel zu folgen!
Tozer, A.W. – Verändert in sein Bild, tägliche Andachten, CLV
Einer trage des anderen Lasten, und so sollt ihr das Gesetz des Christus erfüllen!
Galater 6,2
Wenn ein Bruder/eine Schwester fehl geht, dann soll die ganze Gemeinde die Lasten dieser Fehllleitung mittragen. Der Vers 2 ist immer im Zusammenhang mit 1 zu lesen, der er im altgriechischen asyndetisch (das heißt: ohne Bindeglied, sinngemäß „denn traget einander die Lasten…“) angeschlossen ist. Die Aussage bezieht sich also explizit auf die Fehler des irre gegangenen Bruders/der irre gegangenen Schwester.
Denn wenn jemand meint, etwas zu sein, da er doch nichts ist, so betrügt er sich selbst.
(Galater 6,3)
Jemand, der denkt, „besser“ zu sein, als der, der fehlgegangen ist, erliegt einer Selbsttäuschung (siehe dazu auch das Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner, Lk 18,9-14).
Jeder aber prüfe sein eigenes Werk, und dann wird er für sich selbst den Ruhm haben und nicht für einen anderen; denn jeder einzelne wird seine eigene Bürde zu tragen haben.
Galater 6,4-5
Bild: Margarida Alfonso